Mein wuseliger Weg zwischen Selbstständigkeit
– und ständig Mama.
Und die Suche nach dem Abschalt-Knopf im Kopf. Katharina Troch,
selbsständige Texterin und Redakteurin aus Kiel erzählt.
Ich kann ganz schön witzig sein. Aber irgendwann ist auch bei mir der Humor am Arsch. Zum Beispiel damals in der Nacht nach dem Tag an dem ich schon wieder eine Job-Absage bekam. Eine Absage, bevor ich mich überhaupt vorstellen durfte. Das war die Nacht in der ich heulte bis alles raus war. Der Frust, die Wut, die Traurigkeit. Und dann war ich plötzlich wieder lustig drauf, denn ich hatte eine Idee.
Während im Zimmer nebenan bereits seit Stunden Mann und Sohn den Schlaf des Sandmanns* schliefen, habe ich Wampe Wasserschwein geboren. Alles nur in meinem Kopf, versteht sich. Ein Schwein, das einst von Mexiko nach Kiel schwamm, und seither ständig hungrig ist, weil Schwimmen so hungrig macht... ... bis ins Morgengrauen schrieb, sponn und schwafelte ich mich selbst zu. Glühte heller als die gähnende Straßenlaterne gegenüber und zog mir einen unsichtbaren Superwoman-Umhang über. Überlegte mir einen Projektnamen, sicherte mir eine Domain (denn klaro, zur selben Zeit in selber Nacht würde irgendwo auf dieser Welt ja noch jemand auf diese Idee kommen) und konzipierte das Blogbuch Kiel am Nil << www.kielamnil.de. Ein Ort, den ich mir geschaffen habe, um wieder schreiben zu können. Eine Welt in der ich sein darf, wer ich jetzt nun mal bin: Eine liebende Mutter UND eine Frau, die neugierig ist auf die Welt, die tausend Ideen hat, was erreichen möchte und dennoch nicht mehr so recht ins Ziel kommt. Eine Beschäftigung, für die ich mich nicht bewerben musste, um mich beweisen zu dürfen. Ich habe mir eine Aufgabe gegeben, um nicht aufzugeben. Ich brannte, war voller Tatendrang, gewann sogar eine wunderbare Illustratorin (und Mama: Nicole Gebel) für meine Idee. Ich baute die Seite, begann Leuten davon zu erzählen und irgendwann gings online. Ich bekam gute Reaktionen. Aber auch Zweifler meldeten sich. „Ja cool. Aber wie verdient man denn mit so was Geld?“ „Ähm (räusper), äh gar nicht. Es ist ein Herzensprojekt. Ich möchte auf der einen Seite Liebe rein stecken. Damit ich bei den Leuten auf der anderen Seite wieder sichtbar werde. Ich und meine Fähigkeiten.“ „Aha! Mmh. interessant. Ja Mensch, und sonst so. Wie läuft es an der Job-Front? Was macht der Kleine?“ Klar. Stecken auch in nervigen Sätzen wie diesen begründete Sorgen. Denn einen Job hatte ich ja damit tatsächlich noch immer nicht. Vier Monate nach Blog-Start und einem beruflichen Ausflug in die Gastronomie machte ich mich dann offiziell selbstständig – als Texterin, Konzepterin und Redakteurin als Text & Raval. Selbstständig in dem Beruf also, indem ich zuvor schon angestellt gearbeitet hatte. Aber nach einem „schwangeren Umzug“ und dem Ende der Elternzeit** auf die konventionelle Arbeitnehmer-Art offensichtlich keinen festen Fuß mehr fasste. Doch dennoch, die Frage kommt immer noch: „Und, wann arbeitest Du wieder?“ Dann denke ich: „Wo ist hier der Boxsack?“ Und dann sage ich: „Äh, also ich arbeite ja, selbständig. Jeden Tag. Bis die Kita schließt.“ |
Und denke weiter: „Ab und an auch gerne mal Nachts. Ach ja und am Nachmittag übrigens auch, dann wenn ich mit meinem Sohn zusammen bin, dann arbeitet mein Gehirn, Etage 3, Büro 7 „Angelegenheiten des schlechten Gewissens“, gerne weiter. Es sagt mir dann Dinge wie „Eigentlich müsstest Du ja noch“, und „Oh! Morgen steht das und das an“ und „Heute Abend könntest Du dann ja noch“ und: „Wie siehts hier eigentlich aus?“.
Und mal wieder kommen Zweifel auf. Diesmal sind es die eigenen. Wie kann ich als Selbstständige ständig selbst sein, wenn ich doch nebenbei-danach-zwischendurch- auch noch anderes erledigen soll-muss-will. Da ich ja nun mal diejenige bin, die NUR Halbtags arbeitet und dann auch noch meist von HOME! Ja, Home. Nächster Satz des Todes: „Ah, Du arbeitest von zu Hause, dann kannst Du ja nebenbei auch noch viel erledigen.“ „Ja sichi“, sage ich. Und denke: „Sach mal, läufst Du eigentlich auch ab und an mal mit nem Staubsauger durch Deine Firma oder räumst die Spielklötze von Deinen Kollegen weg?“ Ja. Verständnis und Zuspruch von außen sind aufgerundet oft: mager. Als Selbständige muss man an verdammt viel denken, auch daran sich sein Selbstvertrauen selbst aufzubauen. Zum Beispiel aus einem Kunden-Lob oder einem neuen Blog-Leser. Hoffentlich, nein sogar sicherlich, gibt es viele von Euch MomPreneurs, die ihre Selbständigkeit unbändig genießen. Und lieben. Die sie leben. Vielleicht würde ich es auch mehr lieben, wenn es eine Entscheidung aus Liebe gewesen wäre. Wenn ich nicht ständig schwanken würde zwischen „Mache ich alles was ich kann?“ und „Denke ich dabei auch genügend an meine Familie?“ Eines Tages, als zwar ich selbst, aber einer meiner Text noch nicht fertig war, ich dann auch noch ein nöliges Kind aus der Kita zurück bekam und es daheim aussah, wie zu Aschermittwoch in Köln, habe ich ganz laut gerufen: „Ich kündige!“ Ja cool. Kündigen. Wen eigentlich? Ich mich von mir selbst? Also mein Arbeits-Ich von meinem Mutter-Ich? Bisher wurde ja noch nicht mal das Beamen erfunden, wie soll ich mich dann erst selbst Sharen? Und bei „Sharen!“ denke ich dann an Netzwerken und schließlich an Akquise und daran, dass ich hier auch noch ordentlich zulegen müsste... „So. Und jetzt mal Durchatmen und bis 1000 zählen. Komm mal runter, Katharina. Wie wäre es statt Kündigen mit einer Beförderung?“ sage ich zu mir selbst und frage mich: „Aber wie und wohin?“ Da ruft der Sohn: „Maaaama, Tipi!“ Und so befördere ich mich. In sein kleines Tipi. Mache den Abschaltknopf an. Und der Sohn sagt: „Mama, was massu da?“ Ich sage: „Feierabend.“ Sohn korrigiert: „Mama Feier!!!“ Und er hakt nach: „Wann Papa?“ Ich: „Papa kommt später.“ Sohn: „Ah! Papa Arbeit!“ Ach, was solls. Viele Grüße aus einem Tipi irgendwo in Kiel am Nil, Katharina Troch Katharina Troch (erschienen im Februar 2016 auf www.wannarbeitestdueigentlichwieder.com) |
*Ich plädieren auf die Erfindung einer Sandfrau bzw. um im Klang zu bleiben, einer Sandmum. Denn die Frage ist doch: Wer liegt nachts wach und grübelt? Es ist die Mama. An die kommt der Sandmann scheinbar nicht ran, man!
** Die Elternzeit hat kein Ende.
** Die Elternzeit hat kein Ende.